14. August 2017

Rugby als Wegweiser – Fritz Meiners von den Berlin Raptors im Porträt

Fritz Meiners wirkt entspannt und überlegt, er hat schon häufig seine Geschichte erzählt. Seine Stimme ist ruhig, sie macht keine großen Sprünge: Mit 14 habe er mit dem Mountainbike einen Fahrrad-Unfall im Grunewald gehabt, es war selbstverschuldet, sagt er, deshalb habe ich nicht so lange daran knabbern müssen. Seit September 2004 ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. 

Heute ist Fritz Meiners 27, und seitdem hat sich vieles getan. Er studiert Informatik, erst in Potsdam, jetzt an der Humboldt-Universität in Berlin. Studienbegleitend arbeitet er beim Berliner „Fraunhofer Institut für offene Kommunikationssysteme FOKUS“. Dort trägt er zu einem europäischen Datenportal bei und macht Statistiken verfügbar, etwa zu Wanderstrecken in Europa oder zum Fischaufkommen. Die Philosophie dahinter ist open-data, die Ergebnisse stehen frei zugänglich im Netz. 

Nach seinem Unfall hat er die Schule abgeschlossen. Seine Eltern kommen aus dem Speckgürtel von Berlin, aber mit 18 hatte Fritz Meiners andere Pläne. Er kaufte sich ein Auto und zog in die große Stadt. Ich habe dann Jugendzeugs nachgeholt, bin in die Disko gegangen und habe die Zeit genossen, sagt er. 

Etwa seit dieser Zeit hat Fritz auch so richtig bei der Rollstuhl-Rugby-Mannschaft Berlin Raptors angefangen. Den ersten Kontakt gab es gleich im Unfallkrankenhaus mit 14, aber da hatte Fritz Meiners noch ganz andere Sachen im Kopf als Rugby zu spielen. 2008 sah er dann die Dokumentation „Murderball“ über die amerikanische Rollstuhl-Rugby-Nationalmannschaft und fing Feuer. 
Inzwischen ist Fritz Meiners fester Bestandteil des Teams der „Raptors“. Rollstuhl-Rugby scheint oft chaotisch, berichtet er, wie eine Mischung aus Autoscooter und Schach, was tatsächlich etwas unübersichtlich klingt. Wenn die Taktiken und Spielzüge aber aufgehen – wie bei vielen guten Teams – wirke es auch geordneter. Er selbst könne ein wenig dazu beitragen, indem er Ruhe ins Spiel bringe und seine defensiven Aufgaben erfülle. Seine persönlich wahrscheinlich tollste Erinnerung ist, als er zum ersten Mal in der 2. Bundesliga in Bochum eingewechselt wurde und gleich ein Tor machte. Jetzt wirkt er ein wenig verklärt, aber genauso ist es passiert. Und dann, als er das erste Mal im Sponsor-Stuhl fuhr, ein ganz neues Gefühl. Nice, sagt er, die Begeisterung ist spürbar.  

Agivia, die den Rollstuhl sponserte, lernte Fritz Meiners über den Sport, die Raptors kennen, mit denen er 2015 und 2016 zwei deutsche Meisterschaften in Folge gefeiert hat. Teilweise gibt es keine Rückerstattung für Sport-Rollstühle, erklärt er. Bei ihm war das so, und deshalb war der Sponsor-Stuhl von agivia ein Geschenk, bis dahin fuhr er mit einer Dauerleihgabe. Equipment ist alles, sagt er. 
Der ganze Sport, sagt Fritz abschließend und man merkt, dass es ihm wichtig ist, lebe von den freiwilligen Helfern. Denen, die die Zeit nehmen, die beim Equipment mithelfen und die Rollstühle zu den Turnieren transportieren. Das ist Gold wert, sagt er, ebenso wie sein neuer Rollstuhl und seine Arbeit im Fraunhofer Institut. Dann packt er seine Sachen zusammen. Am Wochenende (1. & 2. Juli, Großbritannien siegte) finden die Finaltage der Rollstuhl-Rugby-EM in Koblenz statt und Fritz Meiners wird hinfahren, vorerst noch als Zuschauer.

Zurück zur Übersicht

Verwandte Beiträge